Positionspapier der Grünen in der Region Hannover: Verkehrswende, Naturschutz und Klimaschutz gehen vor!

  • Veröffentlicht am: 18. Dezember 2020 - 12:52

facebook-sudschnellweg.jpg

GRAFIK: ADFC Hannover

 

 

Verkehrswende, Naturschutz und Klimaschutz statt Südschnellwegausbau!

Positionspapier der Grünen in der Region Hannover

Dezember 2020

 

Wir von Bündnis 90/ Die Grünen in der Region Hannover richten uns gegen die Ausbaupläne des Bundesverkehrsministeriums für den Südschnellweg.

 

1. Wir fordern: Keine Verbreiterung des Südschnellwegs.

Der Südschnellweg ist eine Bundesstraße und wird vom Bund saniert. Im östlichen Bereich der Hildesheimer Straße soll die bestehende Brücke durch einen Tunnel ersetzt werden. Im westlichen Teil, vom Landwehrkreisel durch die Leineaue bis zur Schützenallee, sollen neue breitere Brücken gebaut und der vorhandene Straßendamm verbreitert werden. Die heutigen Gesamtfahrbahnbreiten betragen bei vier Fahrstreifen auf dem Damm zwischen Schützenallee und Landwehrkreisel ca. 14,50 m, auf den Brücken von der Leineflutmulde bis zur Schützenallee 13,50 m und auf der Brücke über die Hildesheimer Straße 12,50 m. Die Pläne sehen vor, dass der Südschnellweg zwischen dem Landwehrkreisel und der Güterumgehungsbahn um ca. 10 m breiter wird als das bestehende Bauwerk. Begründet wird dies damit, dass der Südschnellweg neben zu schmalen Fahrbahnen über keinen Seitenstreifen und keinen ausreichend breiten Mittelstreifen nach den heute gültigen Regelungen verfüge. Dadurch soll zukünftig der Autoverkehr 100 km/h (statt heute 80) fahren, zudem soll die neue Strecke dann 55.000 statt heute 45.000 Autos pro Tag fassen.

Gestützt werden die Ausbaumaßnahmen auf die Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA), eine vom Bundesverkehrsministerium erlassene interne Verwaltungsvorschrift. Hiernach soll der Südschnellweg zu einer Autobahn ausgebaut werden, für die ein Regelquerschnitt von mindestens 25 Metern vorgesehen ist.

Das ignoriert grundlegende künftige Erfordernisse und setzt den Geist der 70- / 80-er Jahre des vorigen Jahrhunderts fort. Statt den Südschnellweg zu verbreitern, muss die Kapazität für den Autoverkehr verringert werden, z.B. durch deutliche Geschwindigkeitsbegrenzungen, statt des Ausbaus für 100 km/h. Dann sind auch Verkehrssicherheitsmaßnahmen, die die Gefahren von Hochgeschwindigkeitstrassen kompensieren sollen, nicht nötig.

Für den Tunnel sehen die Planungen ebenfalls eine geringere Breite und keine Standspuren vor. Die Strecke ist bislang mitnichten ein Unfallschwerpunkt. Verbreiterung und Standstreifen (dann aber auch im Tunnel!) werden nur nötig, wenn die Kapazität erweitert werden soll, z.B. für dichteren und schnelleren Autoverkehr.

Ein Ausbau des Südschnellwegs bedeutet weitere Verbreiterungen der übrigen Schnellwege und Knotenpunkte. Zum Beispiel hält der Bund aktuell Ausbaureserven für den Westschnellweg vor, um diesen auf sechs Spuren zu erweitern. Diese Planung für den Westschnellweg blockiert zusätzlich die Realisierung eines Radschnellwegs von Hannover nach Garbsen.

Wir lehnen derartige Ausbauvorhaben für den Autoverkehr strikt ab!

 

2. Wir fordern: Artenvielfalt erhalten, das Landschaftsschutzgebiet achten.

Die Trasse führt durch die Leinemasch und der Ausbau wird drastische Eingriffe in dieses Landschaftsschutzgebiet bedeuten. Abholzungen einerseits und massive bauliche Elemente (Brückenpfeiler in den Teichen) entbehren jeder Verhältnismäßigkeit.

Neben den Abholzungen sind auch zahlreiche besonders geschützte Arten wie Fischotter, Biber, diverse Fledermausarten, Groppe, Steinbeißer, Neunauge, Barbe sowie diverse nach der EU-Vogelschutzrichtlinie und anderen Richtlinien zu schützende europäische Vogelarten wie Star, Stieglitz, Blässhuhn, Nachtigall, Kuckuck, Mäusebussard usw. vom unverhältnismäßigen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet betroffen. Darüber hinaus ist die südliche Leineaue auch ein wichtiges Naherholungsgebiet.

Durch die Verbreiterung des Südschnellwegs würden z.B. Liegewiesen sowie sicht- und lärmabschirmende Gehölzflächen am Siebenmeterteich in großem Umfang verloren gehen. Ca. 3,8 Hektar Fläche würden neu versiegelt. Durch den vollständigen Verlust der Gehölze auf der Südseite des Südschnellwegs käme es so zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Naturfunktionen und kleinräumig zu einem völligen Verlust der Naherholungsfunktion, die durch Bepflanzungen erst in einem Zeitraum von 15 bis 20 Jahren ausgeglichen werden würde.

3. Wir fordern: Radverkehrsverbindungen stärken.

Die neue Strecke verstärkt den Autoverkehr und vernachlässigt völlig den CO2-freien Verkehr, denn sie soll nach den aktuellen Plänen keinen begleitenden Radweg erhalten. Dabei eröffnet sich hier die einmalige Chance, endlich eine hochwassersichere Querung für den CO2-freien Verkehr durch die Leinemasch zu schaffen. Diese ist für Ricklingen, die Südstadt, Hemmingen, Döhren und Wülfel seit Langem überfällig.

Sehr einfach könnte eine Querung im Zuge der Streckensanierung mit erstellt werden. Statt Verbreiterung und mehr Versiegelung fordern wir eine Lösung im Sinne des Landschaftsschutzes. Wir fordern den Bund auf, diese Radverbindung zu bauen. Die Gesamtkosten für die Südschnellwegsanierung belaufen sich auf 380 Mio. Euro. Ein Radweg kostet rund 10 Mio. Dass der Bund dies nicht einfach mit investiert, ist absurd und steht im klaren Gegensatz zu den mit dem Nationalen Radverkehrsplan 2020 (NRVP) erklärten Zielen. Hierzu gehört ausdrücklich die Schaffung von Infrastruktur, darunter der Bau von Radwegen an Bundesstraßen (s. https://nationaler-radverkehrsplan.de/de/bund/nationaler-radverkehrsplan-nrvp-2020). Seit 2002 steht für den Bau und die Erhaltung von Radwegen an Bundesstraßen ein eigener Haushaltstitel zur Verfügung (s. „Bau und Finanzierung von Radwegen an Bundesstraßen“, WD 5 – 3000 – 048/17, S. 5).

Durch den Neubau werden nach aktuellen Planungen zudem die Querungsmöglichkeiten für Radfahrer*innen in Nord-Süd-Richtung deutlich eingeschränkt. Während die Querung auf Höhe des Döhrener Maschparks ganz wegfällt, bekommt die Querung an der Schützenallee eine Ampelschaltung, die für den Radverkehr lange und unattraktive Wartezeiten bedeutet. Damit die Querung an der Leine trotz ihrer Lage attraktiv wird, muss sie sehr gut ausgebaut werden.

 

4. Wir fordern: Planfeststellungsverfahren teilen.

Der Bau des Tunnels ist weitgehend unstrittig und bedarf keiner weiteren größeren Abstimmungen. Für die Gestaltung des öffentlichen Raums oberhalb des Tunnels ist die Landeshauptstadt zuständig. Bei der weiteren Strecke hingegen gibt es noch großen Abstimmungsbedarf. Damit einerseits der Tunnelbau planmäßig beginnen kann und andererseits die Differenzen bezüglich der weiteren Strecke beseitigt werden können, ist das Planfeststellungsverfahren zu teilen. Dann kann das Planfeststellungsverfahren zum Tunnel wie geplant abgewickelt werden. Das Planfeststellungsverfahren.

 

5. Wir fordern: Verkehrswende umsetzen, Naturschutz achten und Klimaziele einhalten.

Der Verkehr hat als einziger Sektor seit 1990 die CO2-Emissionen nicht verringert. Wir sind gerade dabei, mit voller Wucht an den Pariser Klimazielen vorbeizurasen. Und der Bund baut weiter Straßen für Autos, als gäbe es kein Morgen. Das ist nicht nur unzeitgemäß, damit verhindert der Verkehrsminister das Erreichen der Ziele der eigenen Regierung.

Stadt und Region Hannover haben sich deutlich zu einer Verkehrswende bekannt. Wir wollen Bus und Bahn stärken, die Alltagsradwege in Stadt und Umland attraktiv ausbauen und Hannovers Innenstadt autofrei machen. Der Ausbau des Südschnellwegs torpediert diese Ziele. Wir müssen jetzt anfangen, Alternativen statt Autostraßen auszubauen. Nur dann haben wir die Chance auf eine lebenswerte Stadt und Region mit sauberer Luft und weniger Lärm. Und nur so schützen wir das Klima und erhöhen die Lebensqualität.

 

Hier das Positionspapier: "Grünes Positionspapier Südschnellweg" 

Gemeinsam erstellt von:

 

Grüner Regionsverband Hannover

Grüne Regionsfraktion Hannover

Grüner Stadtverband Hannover

Grüne Ratsfraktion Hannover

Grüner Ortsverband Hemmingen

Grüne Ratsfraktion Hemmingen

Grüner Ortsverband Ronnenberg

Grüne Ratsfraktion Gehrden

Grüner Ortsverband Gehrden

Detlev Schulz-Hendel MdL, verkehrspolitischer Sprecher Grüne Landtagsfraktion Nds.

Sven-Christian Kindler MdB, Sprecher für Haushaltspolitik Grüne Bundestagsfraktion

 

Wir unterstützen die derzeit laufende Petition des Bündnisses gegen des Ausbau des Südschnellwegs. Die Petition könnt ihr hier unterzeichnen: https://weact.campact.de/petitions/keine-autobahn-durch-die-leinemasch