Antwort auf Anfrage

Hilfs- und Informationsangebote zur geschlechtlichen Identität

Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es im Jahr 2020 180 Suizide bei 10-18-jährigen. Davon kann ein großer Teil queeren Menschen zugeordnet werden.

Auch im Jahr 2022 fühlen sich besonders junge Menschen aus dem LGBTIQA+ Bereich allein mit ihren Problemen und von der Mehrheitsgesellschaft im Stich gelassen. Bei den queeren Suiziden fand in 68% der Fälle im Vorfeld Mobbing statt, und in dieser Gruppe waren Nicht-CIS Menschen leider besonders betroffen.

In der Region Hannover gibt es mit Queerunity ein queeres Jugendzentrum, das von der Region Hannover gefördert wird. Dieses bietet einen Ort an dem sich die Jugendlichen untereinander austauschen können und Hilfe bekommen. In den Schulen wird mit einem Projekt von Schlau e.V. in Workshops für das aufweichen von Vorurteilen gegenüber Queeren Personen gearbeitet. Dies sind zwei sehr wichtigen Pfeiler für die Entwicklung von queeren Jugendlichen in der Region Hannover.

Forschungen zu Folge beginnt Entwicklung der geschlechtlichen Identität aber mit ca. drei Jahren, und nicht erst bei Jugendlichen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:

  1. Gibt es Angebote und Informationen zur geschlechtlichen Identität für Kinder?

Antwort zu 1.:

Aus dem Versorgungskonzept 2021-2025 des Fachbereichs Jugend für Beratungsleistungen gemäß § 28 sowie §§ 8, 16, 17, 18, 41 SGB VIII in der Region Hannover geht hervor, dass im Bereich der Beratungsangebote zu speziellen Themen 19 % der Fachberatungsfälle dem Themenfeld „Gender und Sexualität“ zugeordnet werden können.

Dafür wird eine personelle Ressource von 1,6 VzÄ Fachkraftstellen zur LGBTIQ-Beratung für junge Menschen (Träger: Hannoversche Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V., Mannigfaltig e.V. (Träger für Jungen- und Männerarbeit, Hannover), Beratungsstelle für junge Mädchen und Frauen (Träger: Mädchenhaus Zwei13 e.V., Hannover) zur Verfügung gestellt.

In diesem Kontext wird die Beratungsstelle Osterstraße seit 2021 gefördert und bietet Beratung zum Thema LGBTIQ an. Nach aktueller Auskunft des Leiters der Beratungsstelle in der Osterstr. haben die Anfragen zum Thema vor dem Hintergrund der gestiegenen gesellschaftlichen Akzeptanz zugenommen. Das Thema ist sowohl bei Eltern als auch bei Jugendlichen präsenter und wird stärker aufgegriffen.

Aus dem Gleichstellungsbereich der Region Hannover werden der Andersraum e.V. als gemeinnütziger Verein und Schlau e.V. Hannover gefördert.

Der Andersraum e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Hannovers Nordstadt und bietet als queeres Zentrum Raum für lesbisches, schwules, bisexuelles, trans*, inter* queeres Leben.

Dort gibt es u.a. einen Elternstammtisch für Angehörige von trans Personen und neben den Beratungsangeboten für Trans*menschen auch eine  Trans*kindergruppe, in die Eltern mit ihren Kindern kommen können und eine Elterngruppe.

Schlau e.V. ist ein Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt zu geschlechtlichen Identitäten und sexuellen Orientierungen. In von Schlau e.V. angebotenen Workshops mit Schulklassen, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bieten ehrenamtliche Teams die Möglichkeit, mit jungen lesbischen, schwulen, bi, trans*, inter* und queeren Menschen ins Gespräch zu kommen. Mittels pädagogischer Methoden und evaluierter Konzepte wird niedrigschwellig und unaufgeregt zum Thema informiert.

Auch das Frauen- und Mädchen Gesundheitszentraum (FMGZ) berät zu Inter- und Transsexualität. Besonders lesbischen Frauen* und trans*Frauen wird außerdem Unterstützung bei Ärzt*innenbesuchen, Krankenhausaufenthalten und Fragen des Outing im medizinischen Kontext angeboten. Transfrauen können sich darüber hinaus auch zu Hormonen, Operationen und dem Transsexuellengesetz (TSG) beraten lassen. Durch eine langjährige Erfahrung mit dem Thema Intergeschlechtlichkeit wird hierzu Beratung, Begleitung und Fortbildung – auch für Eltern intergeschlechtlicher Kinder – angeboten.

Das Beratungs- und Therapiezentrum in der Bödekerstr (BTZ) bietet psychotherapeutische Begleitung im Transitionsprozess für Menschen ab 18 Jahren an.

Grundsätzlich besteht in allen Familien- und Erziehungsberatungsstellen der Region Hannover und in freier Trägerschaft innerhalb der Region Hannover eine offene Haltung und Grundkenntnisse zum Thema LGBTIQ. Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen wird das Thema nur ganz vereinzelt thematisiert.

  1. Werden Schwangere und Eltern über Hilfeangebote zur geschlechtlichen Identität informiert?

Antwort zu 2.:

Diese Fragestellung betrifft das Koordinierungszentrum Frühe Hilfen -Frühe Chancen (51.14.04), das Team Pflegekinder und Adoption (51.19), das Team 53.08 Prävention und Gesundheitsförderung /Hebammenzentrale (53.08) und die Familienhebammen/Babylotsin (51.01) und umfasst medizinische und beratende Aspekte.

Beim Vorliegen von „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ beim Neugeborenen = Differences of sex development (DSD) gilt:

Neugeborene mit „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ sind mithilfe eines interdisziplinären Teams in einer kinderendokrinologischen Abteilung zu betreuen (in Hannover: Kinderkrankenhaus auf der Bult, oder Endokrinologikum Rundestr. Hannover).

Eine Fortbildung für die Hebammenzentrale soll durchgeführt werden, u.a. um Informationen zum Thema an Eltern weitergeben und Eltern von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung in Selbsthilfegruppen vermitteln zu können.

Von Seiten des Koordinierungszentrums Frühe Hilfen-Frühe Chancen ist ein Fachtag zum Thema „Geschlechtliche Vielfalt“ und „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ für die Fachkräfte der Frühen Hilfen-Frühen Chancen in 2023 geplant. In die dritte Auflage des Schwangerschaftswegweisers sollen Informationen aufgenommen werden und Podcastfolgen zu den Themen sollen aufgenommen werden. Auch ein Artikel im Familienblog ist geplant.

Zu Stiefkindadoptionen bei lesbischen Paaren: Aktuell sieht der Gesetzgeber vor, dass in lesbischen Ehen, in die ein Kind geboren wird, die nicht-gebärende Mutter eine Stiefkindadoption durchführen muss, um zum gesetzlichen Elternteil zu werden. Das Team Pflegekinder und Adoption berät zum Vorgehen und begleitet die Familien auf dem Weg. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist avisiert, diese Regelung abzuschaffen und lesbische Ehepaare heterosexuellen Ehepaaren gleichzustellen.

  1. Welche Unterstützung bietet das Jugendamt für Familien und Nicht-CIS-Personen an?

Antwort zu 3.:

Siehe ausführliche Antwort der Frage 1

  1. Gibt es, bzw. plant die Verwaltung Schulungen für Sozialarbeitende und Lehrkräfte zum Thema LGBTIQA+?

Antwort zu 4.:

Das Team Prävention und Gesundheitsförderung /Hebammenzentrale (53.08) plant eine teaminterne Fortbildung mit dem Andersraum/Queer Unity.

Das Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin plant eine Fortbildung zum Thema und Zusammenfassung der Informationen für Eltern (zum Einsatz im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen).

  1. Wenn es Beratungs- und Hilfsangebote gibt, wie werden die Zielgruppen möglichst niedrigschwellig erreicht?

Antwort zu 5.:

Die stetig steigenden Zahlen in den Beratungsstellen in der Osterstraße und in der Bödekerstraße weisen darauf hin, dass die Angebote in der Community bekannt und niedrigschwellig zugänglich sind.

Die Angebote von Schlau e.V. direkt in den Schulen bieten Informationen für alle Jugendliche und bieten die Möglichkeit des niedrigschwelligen Austauschs.

  1. Werden die Angebote in anderen Sprachen als Deutsch angeboten?

Antwort zu 6.:

Der „Andersraum“ richtet sich mit dem Gruppenangebot „Queer Refugees – you are not alone“ besonders an Geflüchtete.

Eingereicht am
26. September 2022

Behandelt am
27. Oktober 2022

Ergebnis
beantwortet

Dokumente
Vorlage
Sammeldokument