Rede

Sinja Münzberg: Rede zum Regionshaushalt 2026

Sinja Münzberg (Foto: Sven Brauers)
Sinja Münzberg (Foto: Sven Brauers)

TOP 66: Reden der Fraktionen, Gruppen und fraktionslosen Abgeordneten zum Erlass der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2026

– Es gilt das gesprochene Wort –

Anrede,

es ist jetzt schon Vieles gesagt worden und die Debatte folgt dem üblichen Ritual: viel Lob von der linken Seite des Hauses, viel Kritik von der rechten Seite. Ich kann nicht versprechen, dass ich da komplett ausbrechen werde. Aber es ist ja nun auch der letzte Haushalt, den wir in dieser Wahlperiode beschließen werden. Deshalb möchte ich die Gelegenheit gerne für eine kurze Standortbestimmung nutzen.

Diese Wahlperiode hat angefangen mitten in der Corona-Pandemie. Das kommt mir auch schon sehr lange her vor, aber es war tatsächlich erst vor 4 Jahren (kurz vor der Omikron-Welle). Auch damals war die Haushaltslage alles andere als einfach: Steuerausfälle, Konjunktureinbruch, hohe Belastungen für Gesundheitsämter und Kliniken. Auch wenn diese Belastungen zum Teil von Bund und Land kompensiert wurden, hat die Pandemie Spuren in den kommunalen Haushalten hinterlassen, nicht nur bei uns.

Ein halbes Jahr später hat Putin die Ukraine überfallen. Energiepreissteigerungen und Inflation waren die Folge. Auch hier Unterstützung von Land und Bund, aber auch bleibende Lücken.

Parallel ist die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen jedes Jahr stetig weiter angewachsen. Immer mehr Aufgaben, steigende Sozialausgaben, zu viel Bürokratie, zu wenig Reformbereitschaft auf Bundesebene. Jedes Jahr neue Rekorddefizite in den Kommunen (auch bei uns) und trotzdem bis heute keine substanzielle Veränderung bei der Kommunalfinanzierung. Höchstens etwas Kosmetik.

Deshalb stehen wir hier heute und werden einen Haushalt mit einem dreistelligen Millionendefizit beschließen. Das ist nicht schön, aber ein ausgeglichener Haushalt ist ja auch kein Selbstzweck. Und ich finde, wenn man sich anschaut, was wir hier in den letzten 4 Jahren alles bewegt haben, dann ist das allen Widrigkeiten zum Trotz eine ganze Menge.

Wir haben ÖPNV mit dem 365 Euro-Ticket bezahlbar gemacht,

wir haben mit Sprinti Pionierarbeit bei der Verkehrswende in der Fläche geleistet

wir haben mit der Medizinstrategie die Weichen für die Versorgung von morgen gestellt;

wir bauen hier mehr Windkraft als das ganze Bundesland Bayern,

wir investieren in den nächsten 10 Jahren eine Viertelmilliarde in Klimaschutz,

wir haben neue Frauenhäuser eingerichtet und Beratungsstellen für Frauen in Not endlich vernünftig aufgestellt,

wir haben mit den Finals 2026 ein riesiges Sportevent in die Region geholt,
und noch so vieles mehr.

Die Region Hannover hat in so vielen Bereichen Maßstäbe bei der Daseinsvorsorge gesetzt – und das ist jetzt keine rot-grüne Wahlkampflyrik, sondern das ist die Realität. Ich kenne keine Kommune, die im ÖPNV, bei der medizinischen Versorgung, bei der sozialen Infrastruktur, im Klimaschutz oder bei der Gleichstellung so gut aufgestellt ist wie die Region Hannover. Das sollten wir uns alle gelegentlich vergegenwärtigen.

Und trotzdem gibt es auch hier natürlich noch viel zu tun.

Das Weihnachtshochwasser 2023 bspw. haben wir zwar insgesamt ganz gut überstanden, aber es hat uns trotzdem sehr deutlich vor Augen geführt, dass wir noch mehr in Klimafolgenanpassung und Katastrophenschutz investieren müssen. Und ja – auch in Handlungsfähigkeit für andere Krisenfälle, wie zum Beispiel Angriffe auf unsere Infrastruktur.

Wir haben einen riesigen Investitionsstau insb. bei unseren Förderschulen. Hier hoffen wir vermutlich alle darauf, dass das neue Dezernat VI schnell ins Arbeiten kommt. Denn gerade für Kinder mit Förderbedarf ist eine vernünftige Lernumgebung essentiell. Und auch bei diesem Thema wünsche ich mir, dass die Region Hannover vorne mitspielt.

Apropos Kinder: wenn wir uns die Ergebnisse der jährlichen Schuleingangsuntersuchungen. anschauen, sehen wir auch, dass wir noch viel mehr für gesundes Aufwachsen, für Sprachförderung und gegen Kinderarmut tun müssen. Wir müssen noch viel mehr ein proaktiver Sozialstaat werden, der seine Leistungen zu den anspruchsberechtigten Menschen bringt. Die geplante Teilhabe-Karte ist dafür ein sehr gutes Instrument und ich hoffe, dass wir damit einen großen Schritt im Kampf gegen Kinderarmut machen können.

Letztes Beispiel: Gewalt gegen Frauen. Wir haben unsere Frauenberatungsstellen in den letzten Jahren wirklich sehr gut ausgestattet, wir haben neue Frauenhäuser geschaffen und sind insgesamt sehr weit bei der Umsetzung der Istanbul Konvention. Und trotzdem erleben auch hier in der Region Hannover tagtäglich Frauen Gewalt, trotzdem werden auch hier Frauen von Männern getötet. Esra, Natascha, Rahma – drei Frauen, die in den letzten Jahren Opfer eines Femizids wurden. Ich finde das wirklich unerträglich und ich will, dass das aufhört. Ich will, dass wir auch im Gewaltschutz an einer Vision Zero arbeiten. Keine einzige Frau soll mehr sterben, nur, weil sie eine Frau ist. Das muss unser Ziel sein.

Anrede,

wir alle haben viele Ideen und wollen die Region Hannover noch besser machen. Aber gerade die Weihnachtszeit ist doch eine gute Gelegenheit, um dankbar zu sein für das, was man hat. Und damit meine ich nicht, dass sie jetzt alle dieser rot-grünen Koalition dankbar sein sollen. Denn Vieles von dem, was ich aufgezählt habe, haben wir hier mit breiter Mehrheit beschlossen. Und auch das ist etwas, was die Region Hannover von anderen Kommunen abhebt: ein faires demokratisches Miteinander, eine stabile Allianz gegen die Feinde der Demokratie und – auch das ist ja dieser Tage wieder einmal wichtig zu betonen – unverbrüchliche Solidarität mit der jüdischen Gemeinde und unserer Partnerregion in Israel.

Dafür möchte ich Ihnen allen heute danken.

Anlage
GRÜNE Regionsfraktion – Anträge zum Haushalt 2026