Anfrage gem. § 9 der Geschäftsordnung zur schriftlichen Beantwortung
Nutzung eines rein digitalen Sitzungsdokumentenprozesses in der Region Hannover Im Rahmen der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und Fachverfahren sind Medienbrüche zu vermeiden und rein digital ablaufende Prozesse zu etablieren, um für Beschleunigung und Vereinfachung zu sorgen. In Verfahren, die Regionsabgeordnete betreffen, wie z.B. das Unterschreiben und Freigeben von Protokollen oder die Unterschrift unter einem politischen Antrag, würde ein rein digitaler Bearbeitungsprozess eben dieses bewirken.
In der Antwort der Verwaltung vom 15.4.2024 auf die Anfrage „Nutzung der digitalen Unterschrift in der Region Hannover“ verweist die Verwaltung auf die generelle Möglichkeit, dass „mit dem Einsatz von qualifizierten elektronischen Signaturen mit Signaturkarten bestehende Schriftformerfordernisse wirksam ersetzt werden könnten“.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung:
- Wird in der Verwaltung daran gearbeitet, dass Unterschriften durch qualifizierte elektronischen Signaturen mit Signaturkarten ersetzt werden können?
a. Wenn ja: Wie ist der Zeithorizont einer Einführung von qualifizierten elektronischen Signaturen, auch für die Bearbeitung von Sitzungsdokumenten durch Regionsabgeordnete?
b. Wenn nein: Warum arbeitet die Verwaltung nicht an einer Lösung, wenn die sich doch „als moderne Organisation die digitalen Möglichkeiten zur Verbesserung von Verwaltungsprozessen (…) erschließen“ will?
- Wenn der Einsatz von qualifizierte elektronischen Signaturen mit Signaturkarten gewollt ist, welche Prozesse plant die Verwaltung auf diese Art umzustellen?
- Plant die Verwaltung darüber hinaus Prozesse zu vereinfachen und zu digitalisieren von denen die Fraktionen und Abgeordneten durch Vereinfachung und Beschleunigung profitieren?
Antwort der Verwaltung:
Zu den Fragen 1 und 3:
Für eine medienbruchfreie Bearbeitung von Verwaltungsprozessen stehen den Beschäftigten die qualifizierte elektronische Signatur mit Signaturkarte und auch das qualifizierte elektronische Siegel zur Verfügung.
Die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen wurden im ersten Quartal 2024 mit der Dienstanweisung und der Dienstvereinbarung für den Einsatz elektronischer Signaturen und elektronischer Siegel bei der Region Hannover geschaffen.
Um das Bestellverfahren für Signatur- und Siegelkarten einfach und komfortabel zu gestalten, hat die Regionsverwaltung mit der D-Trust GmbH, ein Unternehmen der Bundesdruckerei-Gruppe mit Sitz in Berlin, einen Vertrag über sog. Vertrauensdienstleistungen abgeschlossen. Eine Folge daraus ist, dass Regionsbeschäftigte das notwendige Identifizierungsverfahren bequem im Regionshaus in der sog. Identifizierungsstelle absolvieren können. Die Identifizierungsstelle wurde im Service Personal eingerichtet. Im Intranet stehen den Beschäftigten umfangreiche Informationen zum Einsatz elektronischer Signaturen und elektronischer Siegel sowie zum Beantragungsverfahren zur Verfügung.
Der Einsatz von Signatur- und Siegelkarten ist mit einmaligen und laufenden Kosten verbunden. Im Zuge der Digitalisierung von Verwaltungsprozess prüfen die Organisationseinheiten im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns, ob überhaupt ein Schriftformerfordernis besteht, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur wirksam ersetzt werden könnte. Häufig zeigt sich, dass ein normiertes Schriftformerfordernis nicht besteht und dann die einfache elektronische Signatur mit der maschinenschriftlichen Namenswiedergabe ausreicht.
Anders als die qualifizierte elektronische Signatur ist das elektronische Siegel nicht an die natürliche Person gebunden, sondern an die Organisation. Das elektronische Siegel ist flexibler und kostengünstiger einsetzbar und wird bei Digitalisierungsvorhaben soweit rechtlich zulässig bevorzugt. Erkennbar wird seitens des Gesetzgebers das Ziel verfolgt, bei normierten Schriftformerfordernissen neben der qualifizierten elektronischen Signatur verstärkt auch das qualifizierte elektronische Siegel zuzulassen.
Für die Verwaltungsprozesse, die die Regionsabgeordneten, Fraktionen und Gruppen sowie deren Geschäftsstellen betreffen, wird im Wesentlichen das bei der Region Hannover eingesetzte Sitzungsdienstprogramm ALLRIS genutzt.
ALLRIS ist ein umfassendes Sitzungsdienstprogramm, das speziell entwickelt wurde, um den Abgeordneten und weiteren Gremienmitgliedern eine effiziente und transparente Gremienarbeit zu ermöglichen. Es bietet eine Vielzahl von Funktionen, um den gesamten Sitzungsprozess zu digitalisieren und optimieren. Dabei sind insbesondere zu nennen:
- Digitale Sitzungsunterlagen: Abgeordnete können alle relevanten Dokumente über den Browser oder die ALLRIS-App einsehen und bearbeiten, was das mobile Arbeiten erleichtert.
- Sitzungsplanung und -verwaltung: ALLRIS unterstützt die Verwaltung bei der Terminplanung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Sitzungen. Es ermöglicht die einfache Erstellung von Tagesordnungen, die Verwaltung von Vorlagen und die Protokollierung von Sitzungen.
- Sitzungsgeldabrechnung: ALLRIS ermöglicht die Ermittlung und Auszahlung von Sitzungsgeldern und Aufwandsentschädigungen, einschließlich der automatischen Übergabe an Finanzverfahren.
- Digitales Antragssystem: Gremienmitglieder können Anträge direkt im System erstellen und einreichen, was eine unmittelbare Beteiligung ermöglicht. Zudem wird die Verwaltung bei Antragseingang benachrichtigt, um die Effizienz der Arbeitsabläufe zu steigern.
- Barrierefreiheit: Das System stellt sicher, dass Dateien und digitale Angebote im ALLRIS sowohl für die Öffentlichkeit als auch für Mandatsträger*innen in barrierefreier Form zur Verfügung stehen, um eine inklusive Nutzung zu gewährleisten.
So finden zahlreiche der o.g. Funktionen des Sitzungsdienstprogramms ALLRIS bereits ihren Einsatz in der täglichen Arbeit eines*r Regionsabgeordneten. Um Medienbrüche möglichst zu vermeiden, ist die Regionsverwaltung bestrebt, noch nicht digitalisierte Prozesse zuvorderst über ALLRIS abzubilden.
Insbesondere die folgenden Prozesse sind dabei identifiziert worden:
- Einreichung von Anfragen und Anträgen
- Unterzeichnung von Protokollen der Sitzungen der Regionsversammlung, des Regionsausschusses und der Fachausschüsse
- Ausfüllen von Anwesenheitslisten sowie die damit verbundene Beantragung von Auslagen (Verdienstausfall, Wegstreckenentschädigung)
Hinsichtlich des erstgenannten Prozesses ist die Regionsverwaltung eingestiegen, die Voraussetzungen der Einreichung von Anträgen und Anfragen über ALLRIS auf rechtliche, technische und organisatorische Aspekte hin zu prüfen und die dafür notwendigen Schritte zur Umsetzung vorzubereiten. Es wird insofern davon abgesehen, auf qualifizierte elektronische Signaturen o.ä. zur Ersetzung des Schriftformerfordernisses zurückzugreifen, die neben zusätzlichen Kosten voraussichtlich mit einem höheren Aufwand für jede*n Regionsabgeordneten einhergehen würden und zudem einen Medienbruch mit sich bringen würden.
Über die Absicht der Integration des „digitalen Antragssystems“ in ALLRIS hat die Regionsverwaltung die Geschäftsführungen der Fraktionen und Gruppen in einem gemeinsamen Austausch am 27.01.2025 informiert. Die Umsetzung soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.
Sukzessive sollen in der Folge auch die weiteren identifizierten Prozesse in den Blick genommen und die Möglichkeiten einer digitalen Abbildung über ALLRIS im Rahmen der verfügbaren personellen und ggf. finanziellen Ressourcen geprüft und umgesetzt werden.
Zur Frage 2
Signaturkarten kommen aktuell primär im Fachbereich Bauen zum Einsatz. Hier werden für den erforderlichen Schriftformersatz ca. 60 sog. Stapelsignaturkarten verwendet. Das qualifizierte elektronische Siegel wird für das elektronische Amtsblatt der Region Hannover sowie beim ersetzenden Scannen in der zentralen Poststelle genutzt. Zudem wurden bereits einzelne Beschäftigte im Fachbereich Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung sowie im Service Organisationsentwicklung, IT und Digitalisierung mit Signaturkarten ausgestattet. Für die Servicebereiche Finanzen, Zentrale Dienste und den Fachbereich Baumanagement prüft die Verwaltung den Einsatz von qualifizierten elektronischen Signaturen bzw. Siegeln, um weitere medienbruchfreie Geschäftsprozesse zu realisieren.
Kontakt für Rückfragen

Claudia Görtzen
Finanzpolitische Sprecherin
claudia.goertzen@regionsversammlung.de