Antwort auf Anfrage Dächer nutzen, Klima schützen: Potenziale für die Energiewende 4. November 20245. November 2024 Im Rahmen der dringend erforderlichen Energiewende gewinnt der Ausbau von Photovoltaikanlagen zunehmend an Bedeutung. Insbesondere im Innenbereich bzw. im Siedlungsbereich liegt auf bereits versiegelten Flächen ein erhebliches Potenzial, das es zu erschließen gilt. Laut der im Mai 2024 vorgestellten Studie „Szenarien Klimaplan 2035“ entspricht das realisierbare Potenzial für Aufdach-PV-Anlagen für die Region Hannover einer installierten Leistung von 3,4 GW. Perspektivisch sollen 70% der Solarenergie, die in der Region Hannover gewonnen wird, durch Anlagen auf bereits versiegelten Flächen im Innenbereich produziert werden. Die Nutzung dieser Flächen ermöglicht nicht nur eine effiziente Energiegewinnung, sondern trägt auch zur Minimierung des zusätzlichen Flächenverbrauchs bei. Es besteht die dringende Notwendigkeit, diese Entwicklung gezielt voranzutreiben und die bestehenden Möglichkeiten sowie die aktuellen Herausforderungen eingehend zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Verwaltung: 1. Wie viel installierte Leistung von Aufdach-PV-Anlagen ist derzeit in der Region Hannover vorhanden, und welche Entwicklungen gab es in den letzten Jahren in Bezug auf die Installation von Aufdach-PV-Anlagen in der Region Hannover? Wir bitten um Aufschlüsselung des Zubaus der installierten Leistung der Aufdach-PV-Anlagen in der Region Hannover nach Jahren sowie nach gewerblich bzw. privat installierten Anlagen. Auf Basis der freizugänglichen Daten des Marktstammdatenregisters ergibt sich eine installierte Leistung von rund 457 MWp (Stand: 24.10.2024) Aufdach-PV-Anlagen in der Region Hannover. In den Jahren 2022 und 2023 gab es jeweils ungefähr eine Verdopplung im Zubau. Die gewünschte Aufschlüsselung ist der untenstehenden Tabelle zu entnehmen. Zu beachten ist, dass es in der Summenbildung eine gewisse Unschärfe gibt. Die Ursache dafür liegt in den Eintragemöglichkeiten im Marktstammdatenregister. Eintragende selbst entscheiden über bestimmte Kategorien. So können Aufdach-Anlagen unter Bauliche Anlagen/Hausdach und Fassade oder auch unter bauliche Anlagen/Sonstige eingetragen werden. Hier werden z.B. Anlagen auf Garagendächern oder auch auf Kitas eingetragen. Es ist also durch die Filter im Marktstammdatenregister kein sauberes Ergebnis zu erzielen. In der Spalte „Bruttoleistung gesamt“ sind beide Kategorien ausgewählt. In den Spalten zu gewerblich genutzten Anlagen und privaten Anlagen (Haushalt) sind nicht immer alle Kategorien miterfasst. So ist die Gesamtanzahl der Anlagen etwas größer als die Summe der beiden Spalten. Die Steckersolargeräte sind getrennt angegeben. JahrAnzahl gesamtBrutto-leistung gesamt (kWp)davon gewerblich genutzt (Anzahl)Brutto-leistung gewerblich genutzt (kWp)Haushalt (Anzahl)Brutto- leistung Haushalt (kWp)zusätzlich Stecker-solarBrutto-leistung Stecker-solar (kWp)vor 20209840156.76787754.0957.10248.7191482020168826.9711139.9131.40311.7641312021226228.1421005.9251.92918.03088532022453756.68016023.9803.26928.8821.200720202312694111.97122422.2698.00375.5254.0003.200bis 24.10.20241031176.45417717.1554.70847.1845.3004.240Summe41332456.9841651133.33826.414230.10310.6158.222 2. Welche Entwicklungen des Zubaus von Aufdach-PV-Anlagen sind in den nächsten Jahren in der Region Hannover nach Einschätzung der Regionsverwaltung zu erwarten? Für das Jahr 2024 lässt sich im Moment nur eine geringfügige Steigerung zum Vorjahr prognostizieren (vgl. Tabelle zu Frage 1). Lediglich bei den Balkonsolaranlagen gibt es größere Steigerungen bei der Stückzahl. Mit in Kraft treten der Solarpflicht am 01.01.2025 werden allerdings weitere Zubauimpulse gesetzt. (gesamter Neubaubereich, sanierte Dachflächen, Parkplätze ab 25 Stellplätze). 3. Welche Strategien und Maßnahmen schätzt die Regionsverwaltung als besonders geeignet ein, um den Ausbau von Photovoltaikanlagen im Innenbereich effizienter und beschleunigt voranzutreiben? Eine Fokussierung auf große Dachflächen wäre anzustreben. Hierzu müssten bspw. Unternehmen mit großen Hallen stärker adressiert werden, aber auch die Wohnungswirtschaft (Mehrfamilienhäuser) und die Beteiligungsunternehmen der Region Hannover (KSG, Zoo etc.) Selbstverständlich sollte die Umsetzung des PV-Zubaus auf Liegenschaften der Region Hannover entsprechend des Beschlusses (vgl. 1371 (V) Aa) vorangetrieben werden. 4. Inwiefern kann eine inhaltliche Ausweitung bzw. finanzielle Aufstockung der Dach-Solar-Richtlinie zu einem beschleunigten Ausbau von PV-Anlagen im Innenbereich beitragen? Die Dach-Solar Richtlinie läuft regulär Ende 2025 aus und die Verwaltung beginnt Anfang nächsten Jahres mit der Überarbeitung und der Neuausrichtung der Richtlinie für die kommenden Jahre (bspw. Vollbelegungszuschuss, stärkere Förderung großer Dächer). In wie weit eine finanzielle Aufstockung erforderlich ist, kann im Moment noch nicht abgesehen werden. 5. Inwiefern kann die Rolle der Klimaschutzagentur im Hinblick auf die Beschleunigung des Ausbaus von PV-Anlagen im Innenbereich gestärkt werden? Die Klimaschutzagentur adressiert u.a. mit der Öffentlichkeitskampagne Mein Klimacoach auch den PV-Ausbau. Ein Baustein sind auch Solarstammtische in den Kommunen. Die Klimaschutzagentur befindet sich derzeit in einer Umbruchphase. Die Neuausrichtung ist in vollem Gange, eine neue Geschäftsführung wird zurzeit gesucht. Inwiefern hier noch weitere Impulse gesetzt werden können, sollte nach Einschätzung der Verwaltung im Anschluss besprochen und bewertet werden. 6. Welche spezifischen Hindernisse und strukturellen Herausforderungen erschweren derzeit die erfolgreiche Realisierung von Photovoltaikprojekten im Innenbereich? Die Flächen im Innenbereich sind in aller Regel relativ klein und die PV-Anlage muss meist in aufgeständerter Form realisiert werden. Das macht die Anlagen deutlich teurer als Aufdach- oder Freiflächen-Anlagen. Die Innenbereichsanlagen sind in der Regel wirtschaftlich nur darstellbar, wenn es Direktabnehmer*innen neben der Anlage gibt (näheres siehe Machbarkeitsstudie Parkplatz-PV von Carsten Grobe, AUK 21.11.2024). Hinzu kommt, dass für die meisten Innenbereichsflächen bereits eine Bauleitplanung existiert, die ggf. geändert werden müsste. 7. Wie viel installierte Leistung von PV-Anlagen über bereits versiegelten Verkehrsflächen wie z.B. Parkplätzen, Lärmschutzanlagen etc. ist derzeit in der Region Hannover vorhanden, gibt es Modellprojekte für diese Form der Mehrfachnutzung von Flächen und welche Entwicklungen gab es in den letzten Jahren in Bezug auf die Installation solcher PV-Anlagen in der Region Hannover? In Wunstorf hat ein Edeka-Markt eine Parkplatz-PV Anlage umgesetzt (99,9 kWp). In Seelze wurden Parkplatzflächen am Rathaus mit PV ausgestattet (ca. 20 kWp). Die Mittel hierfür kamen aus dem Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt“, welches das Land zur Bewältigung der Pandemiefolgen in den Innenstädten aufgelegt hatte (Förderquote 90%). Die NaturEnergie Region Hannover eG möchte in einem Kooperationsprojekt mit der Stadt Springe auf dem Park & Ride Parkplatz Völksen/Eldagsen eine PV-Anlage installieren. Für die Umsetzung werden allerdings umfangreiche Fördermittel benötigt, die beim Land Niedersachsen beantragt werden. Weitere Anlagen sind nicht bekannt und auch nicht im Marktstammdatenregister erfasst. Eine Rückfrage bei der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) ergab, dass für ganz Niedersachsen nur sehr wenige Anlagen umgesetzt sind und die Entwicklung in diesem Segment im Moment zu vernachlässigen ist. 8. Welche Möglichkeiten sieht die Regionsverwaltung, die Aktivierung von Gewerbeflächen, wie bspw. die Dächer von Supermärkten oder Baumärkten, für den Ausbau von PV-Anlagen voranzubringen? Die Region Hannover bietet verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten für Unternehmen im Bereich Photovoltaik. Im Rahmen von regelmäßigen Informationsveranstaltungen und fachbereichsübergreifendem Austausch werden den Unternehmen und Wirtschaftsförderungen der Kommunen Fördermöglichkeiten vorgestellt, wie beispielsweise die Dach-Solar-Förderrichtlinie, kombiniert mit weiteren regionalen Förderprogrammen (z. B. SolarStromFassade, SolarGrünDach). Für größere Vorhaben besteht eine Zusammenarbeit mit der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN). Zudem wird durch Projekte wie Ökoprofit auf aktuelle Fördermöglichkeiten hingewiesen. Jedoch gibt es Faktoren – wie die technischen, bürokratischen und energierechtlichen Anforderungen –, auf die die Region Hannover keinen unmittelbaren Einfluss nehmen kann, da diese von den jeweiligen Marktteilnehmern und gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängt. 9. Wie viele Haushalte profitieren in der Region Hannover aktuell von dem Angebot, Mieterstrom zu beziehen? Es gibt keinen Gesamtüberblick darüber, welche Vermieter*innen ihren Mietern die Möglichkeit des Mieterstrommodells anbieten. Zumindest die KSG Hannover Service-Gesellschaft, ein Tochterunternehmen der KSG Hannover GmbH, bietet bei Neubauprojekten seit 2019 immer das Mieterstrommodell an. So entstanden bisher 7 Anlagen mit insgesamt 500 kWp. Bisher beträgt in diesen Bauprojekten die Durchdringung in der Mieterschaft 100% Insgesamt geht es dabei um ca. 300 Wohneinheiten. Im Bauabschnitt 1 des Neubaugebietes Kronsrode in Hannover war die KSG die einzige Bauträgerin, die das Mieterstrommodell angeboten hat. 10. Welche spezifischen Hindernisse und strukturellen Herausforderungen erschweren derzeit die erfolgreiche Realisierung von Mieterstrom-Projekten? Vermieter*innen werden zur/m Stromversorger*in, der/die hat entsprechende rechtliche Vorgaben zu erfüllen. Nach Aussage der KSG ist das zwar alles zu bewältigen, allerdings ein langwieriger Prozess. Wie in anderen Sparten auch (bspw. Logistik) gehört der Bau und Betrieb einer PV Anlage nicht zum Kerngeschäft der Unternehmen! 11. Welche Strategien und Maßnahmen schätzt die Regionsverwaltung als besonders geeignet ein, um den Ausbau des Angebots von Mieterstrom effizient zu fördern? Die Pflicht im Neubaubereich das Dach mit PV zu belegen (ab 01.01.2025), könnte dazu beitragen, dass sich mehr Vermieter*innen mit dem Mieterstrommodell auseinandersetzen. Veranstaltungen für die Wohnungswirtschaft zum Abbau von Hemmnissen bzw. zur realistischen Einschätzung des Aufwands könnten ggf. Impulse setzen. 12. Welche Möglichkeiten und Potenziale würde die Gründung einer Energiegenossenschaft auf Regionsebene eröffnen? Inwiefern könnte eine Energiegenossenschaft einen Beitrag leisten, den Ausbau von PV im Innenbereich zu forcieren? Die Ergebnisse des Szenariengutachtens Klimaplans 2035 lassen erahnen, welche Investitionsbedarfe für die Energiewende notwendig sind. Für diese ist nach Einschätzung der Verwaltung insbesondere auch die Mobilisierung privaten Kapitals notwendig. Die Investitionen in regionale erneuerbare Energien stärken grundsätzlich die Resilienz der Region in der sensiblen Energiefrage. Ferner fördern sie zu einem gewissen Grad lokale Wirtschaftskreisläufe und sind daher zu begrüßen. In welchen Umfang dies zu erwarten ist, lässt die Verwaltung in einer Studie zu regionalen Wertschöpfungseffekten durch die Energiewende untersuchen. Ergebnisse werden Ende 2025 erwartet. In der Region Hannover sind bereits kleinere und größere Bürger*innen-Energiegenossenschaften tätig. Die Regionsverwaltung hat den Austausch mit diesen gestartet. Durch Gründung einer Energiegenossenschaft auf Regionsebene könnte die Regionsverwaltung – angenommen, dass sie die regionale Energiegenossenschaft federführend leitet – ihr umfangreiches Wissen in der Umsetzung von PV-Projekten in Kooperation mit Bürger*innen gezielt einbringen. Durch Schaffung einer regionalen „Eigenmarke“ und direkte Investitionen in regionale Projekte kann Identifikation mit den oft abstrakten Zielstellungen „Treibhausgasneutralität“ und „Energiewende“ geschaffen werden. Eine abschließende Bewertung, ob hierfür eine Genossenschaft in Vergleich zu anderen Gesellschaftsformen besonders geeignet ist, hat durch die Regionsverwaltung jedoch bisher nicht stattgefunden. Eingereicht am30. September 2024 Behandelt am04. November 2024 Ergebnisbeantwortet DokumenteVorlage
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